Zusammenarbeit 3.0
Die Art und Weise der Zusammenarbeit hat sich in den letzten anderthalb Jahren stark verändert. Aus der Not heraus wurden kurzfristig eine digitale Infrastruktur geschaffen und Arbeitsmodelle realisiert, die vorher oftmals kategorisch ausgeschlossen wurden. Was haben wir erlebt? Und was können wir für die Zukunft daraus lernen?
Die Corona-Krise hat gezeigt, dass (Zusammen-) Arbeit auf Distanz funktioniert und die Produktivität nicht behindert, oftmals sogar steigert. Inzwischen haben sich viele Mitarbeitende an dieses Modell gewöhnt und möchten die damit einhergehende Flexibilität nicht mehr hergeben. Die Erfahrung der letzten Monate hat neue Bedürfnisse nach einem hybriden Arbeitsmodell geweckt bzw. verstärkt.
Arbeit ist, wenn wir am Arbeitsplatz sitzen?!
Der Begriff „Remote Work“ ist viel mehr als Homeoffice. Dabei muss der Arbeitsplatz nicht zwangsläufig zu Hause sein, sondern er kann auch in einem co-working-space sein oder bei der Partnerin, die in einer anderen Stadt wohnt. Dabei stellt sich die Frage: Kann Arbeit eigentlich immer nur am PC oder Laptop stattfinden? Heute ist das in vielen Köpfen so fest verankert. Doch sind wir dort realistisch eigentlich immer produktiv?Eher nicht. Oftmals müssten wir etwas erarbeiten und wir haben einfach keine Ideen oder gute Ansätze. Manchmal hilft es eine kurze Pause zu machen und einen Kaffee oder Tee zu trinken. Manchmal hilft es aber auch nicht und dann vergeuden wir stattdessen die Zeit mit Nebensächlichkeiten.
Was wäre, wenn wir den Zustand der fehlenden Kreativität zum Anlass nehmen, nach draußen zugehen, in Bewegung zu kommen. Wenn der Körper in Bewegung kommt, kommt auch das Denken in Bewegung. Bewegung fördert unsere Konzentration. Produktivität hat nichts mit der Anzahl an Stunden am Arbeitsplatz zu tun. Kreative Ideen und Resultate für die Wertschöpfung des Unternehmens entstehen nicht nur am Arbeitsplatz, sondern oftmals ganz woanders. Wie wäre es, wenn wir ein Meeting nach draußen verlagern? Es wird die Kreativität mit Sicherheit steigern.
Wie kann hybrides Arbeiten funktionieren?
Ein hybrides Arbeitsmodell verbindet die Möglichkeiten des Arbeitens aus der Ferne mit einem Arbeitsplatz vor Ort im Unternehmen. Die Zeit remote schafft einen Rahmen für ein konzentriertes, fokussiertes Bearbeiten von Themen. Die gemeinsame Zeit im Büro dient zum einen dem kreativen Austausch, zum anderen der Identifikation mit dem Unternehmen, der Teamkultur und dem individuellen Beziehungsaufbau. Beziehungen und eine positive Stimmung im Team werden aufgebaut, wenn wir physische Zeit miteinander verbringen und sie werden abgebaut, wenn wir uns nur digital begegnen. Auch das haben wir im letzten Jahr erlebt.
Für hybrides Arbeiten gibt es keine Standardlösung. Manche Unternehmen lassen ihre Mitarbeitenden selbst entscheiden, wie oft sie vor Ort im Büro arbeiten, andere geben feste Modelle vor. Aus unserer Sicht ist es meist sinnvoll, als Unternehmen einen Rahmen mit ein paar Leitplanken zu definieren. Leitplanken nicht in Form von starren Regeln, sondern in Form von Prinzipien, die allen als Orientierung dienen. Diese Leitplanken können je nach Arbeitsbereich sehr individuell sein, da manche Tätigkeiten Arbeitsmittel benötigen, die sich räumlich nicht verlagern lassen. Ein Prinzip können individuell vereinbarte Parameter zur Gewichtung und Wahlfreiheit sein, Flexwork-Modelle wie das 3+2-Modell – d.h. 3 Tage im Büro und 2 Tage remote. Eine feste Struktur für regelmäßige physische Meetings, die eine Plattform für persönlichen Austausch und Kreativität bieten, ist auch ein Prinzip. Ebenso die Definition fester Kernarbeitszeiten, um gegenseitige Erreichbarkeit zu sichern.
Was sind die Herausforderungen?
Sicher ist hybrides Arbeiten nicht für jedes Team und schon gar nicht für jede Branche geeignet, sondern die Möglichkeiten sind von der jeweiligen Tätigkeit und den erforderlichen Arbeitsmitteln abhängig. Wer in der Produktion tätig ist, kann schwer seine Arbeit remote erledigen. Die technische Ausstattung und der Zugriff auf den unternehmensinternen Server / Cloud sind notwendige Voraussetzungen für remotes Arbeiten. Seitens der Führungskräfte erfordert remotes Arbeiten einen Vertrauensvorschuss und ein noch höheres Maß an Verantwortungsübergabe an die Mitarbeitenden. Fest installierte Kommunikationsrituale über die inhaltlichen Themen und den Stand der Bearbeitung – sowohl im 4-Augen- als auch im Teamgespräch – sind eine moderne Form der Kontrolle und eine wesentliche Basis für wirksame Führung auf Distanz. Die Förderung von Vertrauen und Verantwortungsübernahme in Teams erfordert Loslassen seitens der Führungskraft.
Für eine funktionierende Teamkultur ist es wichtig, einen intensiven Austausch und auch zwischenmenschliche Nähe bewusst zu gestalten, denn dies kommt nicht automatisch zustande wie bei Begegnungen im Büro. Mitarbeitende sind gefordert, aktiv Unterstützung und Feedback einzufordern, weil Führungskräfte weniger Einblick haben bzw. oft nur einen digitalen Ausschnitt im Blick haben.
Was sind die Chancen?
Remote Work bietet die Chance für einen organisationalen Entwicklungssprung. Denn Remote Work deckt auf, was früher in der Organisationsstruktur, der Kommunikation, der Führung und in Prozessen schon früher nicht rund lief und bietet die Chance zu Weiterentwicklung und Optimierung.
Remote Work erfordert einen Vertrauensvorschuss seitens der Führungskräfte. Das schafft bei den Mitarbeitenden Vertrauen und Motivation. Dies ist die Grundlage für Mut und Agilität – nicht nur auf dem Papier, sondern in den Köpfen der Menschen und in ihren Taten.
In Zeiten des Fachkräftemangels und im Wettbewerb der Arbeitgeberattraktivität werden voraussichtlich die Unternehmen erfolgreich sein, die sich flexiblen Formen der Zusammenarbeit öffnen. Mitarbeitende haben den Vorteil einer erhöhten Flexibilität und Life-Balance, die ihre langfristige Leistungsfähigkeit und -bereitschaft erhöht. Arbeitgeber ernten oftmals eine erhöhte Arbeitszufriedenheit und reduzierte Fixkosten für Büroflächen.
Je globaler Unternehmen arbeiten, desto mehr zeitliche Flexibilität braucht es seitens aller Beteiligten, um mit Kollegen oder Kunden in unterschiedlichen Zeitzonen kommunizieren zu können. Flexible Arbeitsmodelle schaffen hierfür einen wirksamen Rahmen.
Werte wie Vertrauen, Freiheit, Flexibilität, die insbesondere für junge Arbeitnehmergenerationen attraktiv sind, bekommen eine neue Dimension. Auch wenn es Mitarbeitende gibt, die lieber vor Ort im Unternehmen arbeiten, weil sie die physische Begegnung mit Menschen als Energie- und Motivationsquelle empfinden, weil sie eine feste Tagesstruktur im Büro eher realisieren können als remote, die Trennung zwischen Privatleben und Beruf unterstützend finden oder weil sie zu Hause keine guten Rahmenbedingungen für Remote Work haben – allein die Möglichkeit schafft Freiheit und öffnet den Weg in eine agile, selbstbestimmte und eigenverantwortliche Arbeitswelt.
Wir freuen uns, wenn Sie unseren Blog teilen – und Anregungen schaffen für die Grautöne der vielen Möglichkeiten hybrider Zusammenarbeit!