Der durchschnittliche Mitarbeitende lästert vier Stunden pro Woche über seine Vorgesetzten, so die Studie eines Münchener Instituts. Wie Sie erkennen, was hinter dem Jammern steckt und als Führungskraft richtig drauf reagieren.
Jammern und Lästern gehören zu unserem Alltag dazu. „Mein Chef hat keine Ahnung“, „Meine Kolleginnen sind unzuverlässig“, „Die Bezahlung könnte besser sein“. Irgendwie schaffen wir es immer wieder, uns durch unser „Gewohnheitsjammern“ den Alltag madig zu reden – und Positives auszublenden. Je mehr wir uns auf das Schwere und das Negative fokussieren, umso mehr stiehlt es uns Energie und Zeit, denn wir sind nicht produktiv, wenn wir jammern. Besonders problematisch wird das „Alltagsjammern“, wenn es ganze Abteilungen lähmt.
Warum Jammern dazu gehört
Vorab: Gejammert wird fast immer. Werten Sie nicht jede kritische Bemerkung, die Ihnen zugetragen wird, oder jeden beiläufigen Spruch als Angriff auf Ihre Person oder Ihre Führungsqualitäten. In jeder menschlichen Beziehung steckt Konfliktstoff. Menschen müssen sich arrangieren, wobei verschiedene Interessen und unterschiedliche Erfahrungen aufeinanderprallen. Das ist in einer Ehe, in der Nachbarschaft und eben auch in jeder Organisation so angelegt. Führungskräfte werden häufig zur Projektionsfläche für Ängste, Aggressionen, Hass- und Neidgefühle ihrer Mitarbeitenden. Durch ihre Rolle und Ansprechbarkeit sind sie Zielscheibe für den Frust der Mitarbeitenden.
Führung ist nicht immer das autonome und kompromisslose Realisieren einer klaren und stimmigen Strategie, sondern vielmehr ein tägliches Abwägen, Manövrieren und oft auch das Entscheiden für das kleinere Übel – oder die größere Erfolgswahrscheinlichkeit. Schließlich sind Ziele teilweise nicht eindeutig, Ressourcen sind beschränkt, der Zeitdruck ist oft groß und nicht jeder Konflikt ist lösbar. Für Sie als Führungskraft gilt dabei, Unzufriedenheit und Gejammer bis zu einem gewissen Grad auszuhalten.
Was steckt wirklich hinter der Jammerei?
Jammern ist eine Art Überkochen unserer Emotionen, sei es Neid, verletzter Stolz, unerfüllter Ehrgeiz oder Eifersucht. Wir können unsere Gefühle nicht abstellen und es hilft nichts, wenn wir sie ignorieren, denn dann brodelt es unter der sachlichen Oberfläche nur noch stärker. Besonders als Führungskraft gilt es, die Emotionen ernst zu nehmen und beim Jammern einmal genauer hinzuhören, was eigentlich dahintersteckt. Denn hinter jeder menschlichen Handlung steht ein Beweggrund, auch wenn die meisten mentalen Prozesse und Gefühle unbewusst ablaufen. Die Frage, um dem Jammern auf den Grund zu gehen, lautet: Was ist der Sinn hinter dem scheinbaren Unsinn? Und wie geht man mit welchem „Jammer-Typ“ um?
TYP „UNTERFORDERT“
Hiermit sind Personen gemeint, die mehr können und wollen als andere, also echte Leistungsträger:innen. Sie schaffen ihre Arbeit problemlos und fehlerfrei, sie bringen sich ein und machen konstruktive Vorschläge. Erlangen sie den Eindruck, ihr Leistungswille sei nicht gefragt, jammern sie oder verabschieden sich stillschweigend. Hier ist es wichtig, verantwortungsvolle Aufgaben zu delegieren, ein anspruchsvolles Projekt zu initiieren oder eine interne Beförderung anzustoßen.
TYP „ÜBERFORDERT“
Bei diesen Mitarbeitenden klaffen Selbst- und Fremdwahrnehmung weit auseinander. Sie fühlen sich zu Höherem berufen, erledigen ihr Tagesgeschäft aber nur schwerfällig; Ergebnisse sind fehlerhaft und Kollegen beschweren sich über fehlende Zuverlässigkeit. Führen Sie ein Mitarbeitergespräch, betonen Sie die Bedeutung des Tagesgeschäftes und werten Sie diese Aufgabe auf. Legen Sie Ihre Sicht der Dinge dar, vermeiden Sie dabei Zurechtweisungen und barsche Untertöne.
TYP „BESSERWISSER:IN
Ständig wissen sie alles besser, geben dabei aber nur vage Äußerungen von sich. Sie profilieren sich gerne in Meetings, stellen bohrende Fragen, die Kolleg:innen und Führungskräfte bloßstellen sollen. Durch ihre Kritik aus der zweiten Reihe verschaffen sie sich ein Gefühl der heimlichen Überlegenheit. Diese Mitarbeitenden müssen Sie konfrontieren. Fragen Sie nach, bitten Sie sie, einen konkreten Vorschlag bis zum nächsten Meeting auszuarbeiten und lassen Sie nicht zu, dass die Negativpropaganda die Teamatmosphäre herunterzieht.
TYP „OPFERLAMM“
Diese Mitarbeitenden haben es schwer und leiden sehr – zumindest in der Selbstwahrnehmung. Sie haben die schwierigste Aufgabe, den nervigsten Kunden, die unzuverlässigste Kollegin und auch im Urlaub immer schlechtes Wetter. Niemals sind sie selbst verantwortlich. Ihr Gejammer gilt es, konsequent an sich abprallen zu lassen und klare Grenzen zu setzen.
TYP „GIFTSPRITZE“
Diese Mitarbeitenden schaden dem Unternehmen mehr, als dass sie ihm nützen. Ihre Energie fließt vollständig in destruktive Bahnen. Vom Zurückhalten wichtiger Informationen bis hin zu kleinen Sabotageakten, sie haben ein ganzes Repertoire an Möglichkeiten, dem Unternehmen aktiv zu schaden. Diese Mitarbeitenden gilt es zu konfrontieren, zur Rede zu stellen und ihnen klare Grenzen aufzuweisen. Ein solches Verhalten darf nicht geduldet werden.
Der Weg aus dem Jammertal
Wenn Sie selbst die Dinge tatkräftig in Angriff nehmen, zeigen Sie, dass Probleme lösbar sind. Anstatt durchzukauen, was schlecht gelaufen ist, lenken Sie die Aufmerksamkeit auf die Zukunft. Gemeinsame Ziele schaffen ein Wir-Gefühl. Hierfür können Sie Maßnahmen sammeln, wie Sie die Ziele in kleinen Schritten erreichen. Auch kleine Erfolge sollten gemeinsam im Team gefeiert werden. Ein echtes Lob kann überraschend motivierend wirken. „Dauernörgler“ sollten Sie direkt konfrontieren und nicht tatenlos zusehen, wie sich die Stimmung im Team verschlechtert. Nutzen Sie hierfür Ihren Humor. Statt gemeinsam zu jammern, ist es doch für alle viel schöner, gemeinsam zu lachen.
Ihre ganz persönlichen Dilemmata können Sie mit uns im Leadership-Training analysieren und für Sie passende Lösungen erarbeiten. Nächster Termin: 16. – 18. Juni 2025 |