Wirksam im Unternehmen sind Führungskräfte und Mitarbeitende, wenn sie ihre Aufgabe nicht von ihrer Position her verstehen, sondern von dem, was sie mit ihren Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen von eben dieser Position aus beitragen können. Sie lassen sich nicht durch ihre Position in der Hierarchie, sondern durch ihren Beitrag zum Ganzen leiten. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass sie ihre eigenen Interessen, ihr Einkommen und ihre Machtposition nicht ebenfalls im Auge behalten. Wenn beides erreicht werden kann, umso besser.
Sich als Ganzes verstehen
Wer ist wirksam im Unternehmen? Spezialisten sind brennend an allem interessiert, was in ihrem Fach passiert – und das ist gut, es ist Berufsethos. Alles andere interessiert sie oft nicht – und das ist Gleichgültigkeit. Sie sind stolz auf ihre Expertise – mit Recht; aber ebenso stolz sind sie darauf, von allem anderen nichts zu verstehen – und das ist Arroganz. In diesem Sinne falsch verstandenes Spezialistentum ist eine der, wenn nicht sogar die wesentliche Ursache für oft beklagte Kommunikationsprobleme und den Realitätsverlust in so vielen Organisationen. Spezialisten kennen ihre eigene Realität, aber die Realität der Organisation interessiert sie oft nicht. Gebraucht werden diejenigen, die sich ins Ganze integrieren. Sie sind die wichtigste wirksame Ressource im Unternehmen.
Ganzheitliches Denken oder an die Ganzheit denken?
Was ist das eigentlich, ganzheitliches Denken? Und kann man von einem Menschen verlangen, dass er ganzheitlich denkt? Diese Forderung ist unerfüllbar. Erfüllbar hingegen ist eine andere Forderung: nämlich an das große Ganze zu denken. Mitarbeitende können es lernen; und als Führungskraft gehört es zu den ersten Aufgaben, dem Team die Ganzheit vor Augen zu führen, es leicht zu machen, das große Ganze zu erkennen.
Am besten lässt sich das vermutlich in einem Orchester beobachten. Alle Orchestermitglieder sind hervorragende Musiker in Bezug auf ihre Instrumente, und damit hochgradig spezialisiert. Die großen Dirigenten schaffen es, den Musikern das Musikstück – die Sinfonie – als Ganzes verständlich zu machen, und sie verlangen von jedem Orchestermitglied, dass es sich in Bezug auf die Sinfonie in das Orchester integriert. Selbst ein Solo ist als Teil des Ganzen wirksam und für sich allein bedeutungslos. Integration gelingt somit nur über die gemeinsame Aufgabe.
Wem nützt das, was ich hier tue?
Zu einem größeren Ganzen beizutragen, ist die Motivation, die wir in einer Organisation wirklich benötigen. Eine Motivation nämlich, die unabhängig von irgendwelchen Anreizen oder motivierenden Verhaltensweisen durch Führungskräfte ist. Die Kenntnis des Ganzen, das Bewusstsein, etwas Wichtiges zu seiner Entstehung, Erhaltung und seinem Erfolg beizutragen, ist nämlich unabhängig von Motivationskünsten. Auf dieser Basis entsteht eine viel stabilere und größere Motivation, als sie von anderen sogenannten „Motivatoren“ herbeigeführt werden kann.
Menschen, die in diesem Sinne wirksam sein wollen, lassen ihren Blick gelegentlich von ihren Prozessen weg zum Fenster hinaus schweifen und fragen sich: Was bedeutet mein Spezialgebiet für die Wertschöpfung unserer Organisation? Nützt das, was ich hier tue? Und wie muss ich es tun, damit es nützt? Sie sind sich dessen bewusst, dass Nutzen nie am eigenen Schreibtisch entstehen kann, sondern immer nur außerhalb der Organisation, am Markt und über die eigenen Kunden.