Und täglich grüßt das Murmeltier
Es läuft ok, wir halten uns über Wasser, aber es passiert nichts Besonderes. Kein Austausch mit Kollegen in der Mittagspause über die Erlebnisse des Wochenendes, keine Partys, kaum Treffen mit anderen Menschen, kein Feierabend-Bier, keinen Urlaub. Stattdessen Konzentrationsschwierigkeiten, Trägheit, Freudlosigkeit, fehlende Motivation und Zielklarheit – manchmal fühlt es sich an wie ein Burnout. Ist es aber nicht, denn dafür ist das Energielevel noch zu hoch. Die Psychologie hat einen anderen Namen für dieses Gefühl: Languishing (engl. Freudlosigkeit). Ein Gefühl der Stagnation und Leere. Es gibt keine Highlights. Wir sehnen uns nach Abwechslung. Wir schmachten nach Mehr.
Das Abflauen der Freude und das Schwinden des inneren Antriebs geschehen oftmals schleichend und unbemerkt. Einsamkeit und Gleichgültigkeit machen sich breit. Oftmals ist langes Aufbleiben am Abend ein Zeichen für eine Suche nach Glückseligkeit nach einem eintönigen Tag: Irgendwie müssen wir uns doch nach so viel Gleichförmigkeit noch etwas „gönnen“?
In der Psychologie beschreiben wir psychische Gesundheit auf einem Spektrum von Depression bis Wohlbefinden. Languishing ist genau dazwischen. Es ist die Leere zwischen Depression und Wohlbefinden. Der Begriff wurde durch den Soziologen Corey Keyes geprägt. Psychologen haben herausgefunden, dass eine der besten Strategien zur Bewältigung von Emotionen darin besteht, sie zu benennen und zu beschreiben. Das hilft uns zu verstehen, was gerade in uns passiert.
Einsamkeit ist anders als selbst gewähltes Alleinsein
Viele Menschen erleben als eine Ausprägung von Languishing das Gefühl von Einsamkeit. Die ohnehin schon seit einigen Jahren bestehende Vereinzelung wird durch die Corona-Krise und die damit verbundenen Restriktionen deutlich verstärkt. In einer zunehmend individualisierten, mobilen und digitalen Gesellschaft erleben viele Menschen subjektiv eine Distanz zwischen der gewünschten und tatsächlichen Qualität von sozialen Beziehungen. Dabei geht es nicht um einen Mangel an Kontakten. Kontakte haben die meisten Menschen viele. Es geht um einen Mangel an Verbindungen. Vielen Menschen mangelt es an Menschen, denen sie sich seelenverwandt und eng verbunden fühlen, von denen sie sich wirklich verstanden fühlen. Wir Menschen sind soziale Wesen und brauchen einander.
Was können wir tun?
Wir können aktiv und bewusst für „Flow“ sorgen. Flow ist ein Zustand des Aufgehens in einer Tätigkeit oder einem Gespräch, in dem das Gefühl für Zeit und Ort dahinschmilzt. Menschen, denen es gelingt, sich in konkrete Projekte und inspirierende Gespräche zu vertiefen, schaffen es Freude zu erleben und nicht zu erlahmen. So kann das gezielte, ungestörte Arbeiten an einem strategischen Thema, einem komplexen Inhalt oder Konzept ein Gefühl von Flow schaffen – ein Gefühl von Freude darüber, in dem jeweiligen Themen wirklich weitergekommen zu sein und ein wirksames Resultat erreicht zu haben. Flow entsteht durch Konzentration und Fokussierung. Dauernde Unterbrechungen, beispielsweise durch kurze Benachrichtigungen oder scheinbar wichtige Medienmeldungen, sind der Feind des Flows. Das heißt: Wir können Flow erleben, wenn wir uns ungestörte Zeiten schaffen, in denen wir uns fokussiert einer Sache bzw. einem Menschen widmen. Dabei ist es unerheblich, ob das ungestörte Zeitfenster eine Stunde oder drei Stunden lang ist. Es geht darum, die ständigen Ablenkungen auszuräumen und fokussiert zu sein.
Herausforderungen zu bewältigen – das schafft Freude
Freude und Motivation entstehen aus einem klaren Ziel, dem Gefühl des Fortschritts in der Sache und durch das Resultat. Dabei geht es darum, mit kleinen Erfolgen zu beginnen. Eine der klarsten Wege zum Flow ist eine gerade noch zu bewältigende Schwierigkeit, eine Herausforderung aktiv anzugehen. Diese Herausforderung kann ein interessantes Projekt sein, ein erstrebenswertes Ziel, ein Thema, was uns schon lange interessiert oder ein bereicherndes Gespräch zu einem facettenreichen Thema. Eine anstrengende Wanderung oder ein anspruchsvolles Spiel. So können wir in kleinen Schritten unsere Freude wiederentdecken.
Durch kleine Lichtblicke können wir das Gefühl des Ausgeliefertseins überwinden und aktiv Freude in unser Leben bringen. Dies kann unter den aktuellen Bedingungen zum Beispiel folgendes sein:
- Eine virtuelle Geburtstagsfeier im Team mit einem Geburtstags-Ständchen.
- Eine gemeinsame Kaffeepause, um den Abschluss eines erfolgreichen Projekts zu würdigen.
- Sich gegenseitig Wertschätzung und Dank vermitteln – denn das geht oft unter, wenn wir uns nicht persönlich sehen.
- Ein mitgebrachter Kaffee, den wir an einem schönen Ort genießen.
- Ein Picknick im Park oder im Wald.
- Ein Wohnwagen-Dinner oder ein To-go-Menü aus dem Lieblingsrestaurant, um Abwechslung zu genießen.
- Eine Fahrradtour zu neuen Orten, die wir entdecken können oder ein Zeltausflug zu Freunden in den Garten.
Freiheit beginnt im Kopf und wenn wir uns unabhängig machen von externen Angeboten und Veranstaltungen, bekommt unser diffuser Alltag ein konkretes Ziel und wir schaffen uns ein Erlebnis, das uns Freude und Energie bringt.
Wir freuen uns, wenn Sie unseren Blog teilen – vielleicht schafft er ja ein bisschen Lesefreude im Alltag eines Kollegen oder Freundes!