Transformationen leben von Transitionen (Übergängen)
Ob Digitalisierung, Bildung oder New Work – viele Felder und Lebensbereiche erleben einen großen Wandel. Doch eines zeichnet jede Transformation aus: sie passiert nicht plötzlich, in einem Schritt oder an einem Stichtag. Nein, Transformation bedeutet, dass eine Vielzahl von Kleinstschritten stattfindet und somit viele kleine Übergänge erfolgen müssen, bevor ein Wandel tatsächlich vollzogen ist.
Die Übergänge werden oft vernachlässigt
Beim Gestalten von Wandel wird immer wieder über den angestrebten Endzustand und das zu erzielende Ergebnis gesprochen. Dabei wird häufig erwähnt, dass alle Beteiligten sich dafür anstrengen, das heißt Zeit und Arbeit investieren müssen. Dabei wird vernachlässigt, dass die Übergänge ein elementarer Part des Wandels sind. Es geht nicht ohne Übergänge und diese müssen genauso, in aller Tiefe thematisiert, diskutiert und fokussiert werden.
Übergänge – notwendiges Übel oder unterschätztes Potenzial?
Während die Auseinandersetzung mit den Übergängen auf den ersten Blick nach einer lästigen Beschäftigung und notwendigem Übel klingt, wird ihr Potenzial oft unterschätzt. Die kleinteilige Beschäftigung mit den Übergängen birgt viele Chancen und ist der Schlüssel für erfolgreichen – und vor allem konsequent geführten – Wandel.
Transitionen in der Praxis gestalten:
Viele große Unternehmen haben von alten Warenwirtschaftssystemen beispielsweise auf SAP-Systeme umgestellt. Wandel und Transformation sind irgendwann unausweichlich, weil Systeme nicht mehr unterstützt werden, es keine Updates mehr gibt usw.
Wenn diese Unternehmen nun den Fokus auf die Übergänge setzen und diese bewusst gestalten, d.h. sich fragen:
- Welche Übergangsphase gibt es?
- Wie gehen wir damit im Tagesgeschäft operativ um?
- Welche Zwischenlösungen kann es auf dem Weg der Umsetzung geben?
- In welchen Tools können wir testen?
So führt diese Auseinandersetzung zwangsläufig zur echten Durchdringung des Themas und damit des eigenen Bedarfs.
Dabei kommen tiefergehende Fragen auf wie:
- Was brauchen wir wirklich?
- Wofür nutzen wir was?
- Was ist überflüssig geworden, weil sich Prozesse verändert haben?
- Was ist ein Must-have, was Nice-to-have?
Diese Fragen zielen darauf ab, herauszufinden, welche Prozesse den Zustand der Veränderung wirklich produktiv vorantreiben.
Durch Details schaffen wir Zielklarheit
Im Prozess dieser Auseinandersetzung mit den Übergängen passiert manchmal etwas Faszinierendes: Das Ziel verändert sich! Wir stellen fest, dass das Ziel zu groß und komplex war und nicht zur eigenen Organisation passt. So haben wir die Chance das Ziel anzupassen; auf den eigenen, sehr individuellen Bedarf.
Bei einem kleinen Unternehmen, mit Kundendaten in Access, kann ein vorab definiertes Transformationsziel lauten: „Wir kaufen ein neues CRM-System (Customer Relationship Management), um unsere Kundendaten zu managen. Lass uns auf dem Markt ein Tool finden, in das wir unsere Daten einlesen können und dann damit arbeiten.“
In der intensiven Auseinandersetzung mit den Übergängen kann eine wesentliche Erkenntnis sein: „Wir benötigen ein simples System, um Kunden-Kontaktdaten zu speichern, weil unser Beziehungsmanagement durch andere Tools stattfindet und in Prozessen gut abgebildet ist. Dafür reicht uns ein Excel-Sheet.“
Damit wird das Ziel angepasst, der Wandel ist konkretisiert und „portioniert“ und umsetzbar und es entsteht kein Frust bei den Beteiligten, über ein aufwendig eingeführtes, und dennoch nicht wirklich stimmiges CRM-System.
Zu großer Wandel führt zu Rückblick
Ist die angestrebte Transformation zu groß, zu komplex oder zu diffus, taucht häufig das Phänomen auf, dass Menschen sich am Bestehenden oder Vergangenen orientieren und festhalten – sie sehnen sich nach dem Gestern, weil es greifbar und verständlich war.
Im englischsprachigen Raum gibt es zwei Begriffe für Veränderung – „Change“ und „Transformation“. Beide Begriffe haben mit Veränderung zu tun, sind aber voneinander zu unterscheiden. „Change“ bezieht sich auf eine einmalige Veränderung mit einem Anfang und einem Ende, wohingegen „Transformation“ einen Prozess beschreibt, welcher einmal zum Laufen gebracht, nicht mehr zum Stillstand kommt.
Zum Beispiel werden bei einer Umstrukturierung, um ein wirtschaftlich angeschlagenes Unternehmen vor dem Ruin zu bewahren, einmalige Maßnahmen getroffen. Diese „Change“-Maßnahmen sind meistens rigoros, aber vorübergehend.
Bei Transformationsprozessen sieht es anders aus: Die Globalisierung und Digitalisierung haben unsere Gesellschaft und Wirtschaft bereits grundlegend verändert. Durch immer wieder neue Einflüsse kommt die Veränderung nicht zum Stillstand – sie bleibt dynamisch.
Durchdringung ermöglicht Anpassung auf dem Weg zum Ziel
Wenn wir an den Übergängen, der Transition ansetzen – so haben diese – anders als die Transformation – kein Ziel oder keinen Endpunkt. Sie beschreiben vielmehr eine Vielzahl von kleinen Startpunkten, die auf eine mögliche Zukunft ausgerichtet sind und damit Anpassungsmöglichkeiten in vielen kleinen Schritten bieten, die Menschen auch mitgehen können und wollen.
Die wahre Herausforderung, mit der Zukunft besteht also darin, sich den kleinen Übergängen zuzuwenden, um die großen Transformationen zu gestalten. Die Zukunft lebt von gelungenen Übergängen.