Was bedeutet Delegation?
Delegation bedeutet übersetzt: „Die vertikale Übertragung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung an nachgeordnete Stellen oder Aufgabenträger.“ So weit, so gut. Aber was bedeutet das konkret? Hier hilft vielleicht zunächst die Beschreibung, was Delegation nicht meint:
Delegation ohne Entscheidungsspielräume – denn sie macht Menschen nur zu Erfüllungsgehilfen.
Die reine Delegation von ausschließlich „langweiligen“ Aufgaben.
Das pure „Durchreichen“ von „Keiner-will-sie-Aufgaben“.
Das Ziel von Führung besteht darin, Mitarbeitende in die größtmögliche Selbstständigkeit zu bringen. Genau darauf zielt Delegation in ihrer Endform ab. Dennoch gibt es nicht die „totale Delegation“, denn diese ist immer wieder situationsabhängig. Wenn wir also Missverständnisse umgehen wollen, ist es wichtig, Delegation differenziert zu betrachten.
Dabei ist folgende Grundannahme wichtig: Delegation ist ein schrittweiter Prozess zur Übergabe von Verantwortung. Jedem Menschen kann in Abhängigkeit seines Reifegrads schrittweise ein höheres Maß an Selbstorganisation und damit Verantwortung übertragen werden. Was heißt dabei schrittweise? Anhand der Grafik lässt sich veranschaulichen, dass es – je nach Aufgabe und Situation – sieben Formen der Delegation gibt, die sich durch den Grad der Einbeziehung des Mitarbeitenden unterscheiden.
Verkünden
Möchte die Führungskraft einen Mitarbeitenden über eine bereits getroffene Entscheidung informieren, dann wählt sie die Delegationsform „Verkünden“. Es geht hierbei um eine reine Informationsweitergabe. Was hat das mit Delegation zu tun? Der Mitarbeitende muss mit der Information arbeiten bzw. die Umsetzung in seinen Arbeitsalltag sicherstellen. Beispiel: Wenn verkündet wird, dass die Rufnummern zweier Bereiche neu aufgeteilt werden, muss der Mitarbeitende sich so organisieren, dass er diese Änderung in seinen Arbeitsalltag integriert.
Erläutern
Wenn eine Entscheidung eine Erklärung benötigt, da es sonst zu Diskussionen führt, werden den Mitarbeitenden die Hintergründe erläutert. Beispiel: Wenn die Zusammenarbeit mit einem langjährigen Dienstleister beendet wird, ist die Nennung der Gründe wichtig, damit die Entscheidung von allen Beteiligten nachvollzogen und akzeptiert werden kann.
Befragen
Immer wieder benötigt die Führungskraft den Rat der Mitarbeitenden für die eigene Entscheidungsgrundlage. Dann werden die Mitarbeitenden zu einem bestimmten Thema befragt und anschließend trifft die Führungskraft die Entscheidung. Oben genanntes Beispiel zum Dienstleister könnte hier also genauso greifen, wenn die Führungskraft noch weitere Informationen und Perspektiven aus dem Kreis der Mitarbeitenden benötigt, um eine Entscheidung treffen zu können.
In diesen ersten drei Formen der Delegation entscheidet allein die Führungskraft. Nur der Grad der Einbeziehung der Mitarbeitenden ist unterschiedlich.
Einigen
Beim Einigen geht es darum, mit dem Mitarbeitenden gemeinsam einen Konsens zu einem Thema zu finden. Beispiel: Urlaubsplanung. Hier wird die Entscheidung dann innerhalb der Gruppe gefällt.
In den folgenden drei Formen der Delegation liegt die Entscheidung beim Mitarbeitenden, die Führungskraft hat eine begleitende Rolle.
Beraten
Die Führungskraft kann ihren Mitarbeitenden inhaltlich beraten. Der Mitarbeitende kann sich bei der Führungskraft aber auch einen Rat einholen. Wichtig dabei ist, als Führungskraft Ratgeber zu bleiben und nicht einen falsch verstandenen Auftrag daraus zu machen – denn die Entscheidung, was der Mitarbeitende mit dem Rat macht, bleibt bei ihm.
Erkundigen
Ist der Mitarbeitende für eine Aufgabe zuständig, kann die Führungskraft sich bei ihrem Mitarbeitenden nach dem Stand der Umsetzung erkundigen. Diese Form der Delegation schafft Interesse am Prozess und Nähe.
Delegieren
Beim Delegieren übergibt die Führungskraft die komplette Aufgabe und die damit verbundene Verantwortung an ihren Mitarbeitenden. Die Führungskraft ist in diesen Prozess nicht mehr involviert.
Es gibt kein richtig oder falsch
Jede Führungskraft entscheidet zu den unterschiedlichen Themenfeldern anders und wählt eine andere Form der Delegation. Hier gibt es kein richtig oder falsch. Entscheidend ist, im Vorfeld bewusst zu klären, in welcher Form der Delegation wir uns befinden, damit keine unterschiedlichen Erwartungen entstehen.
Denn wenn ein Mitarbeitender den Eindruck hat, er werde befragt, die Führungskraft aber nur eine Entscheidung verkünden will, kann dies für Unmut sorgen. Der Mitarbeitende ärgert sich dann, dass seine Perspektive nicht berücksichtigt wird. Wenn die Führungskraft jedoch klar kommuniziert, dass sie eine bereits getroffene Entscheidung verkünden möchte, kann der Mitarbeitende dies besser akzeptieren.
Ein offener und transparenter Umgang sorgt somit für Augenhöhe. Wenn die Führungskraft sich in einer konkreten Situation die Frage stellt: „Wo befindet sich die beste Informationsgrundlage, um diese Entscheidung treffen zu können?“ und diese Frage mit „im Team“ beantwortet, sollte sie ihr Team befragen. Wenn nicht, dann sind „Verkünden“ oder „Erläutern“ in dieser Situation richtig, weil ein rein methodisches Nachfragen nicht sinnvoll ist und bei den Mitarbeitenden nur Misstrauen hervorruft.
Fazit
Im Thema Delegation stecken also viel Anspruch und etwas Risiko – aber vor allem ein hoher Nutzen:
Je stärker eine Führungskraft delegiert, …
- desto mehr Zeit hat sie für zeitintensive inhaltliche und strategische Aufgaben.
- desto größer ist die Chance, dass eine bessere Lösung als die eigene herauskommt – denn viele Köpfe denken umfassender als einer.
- desto weniger Einfluss hat sie – und der des Teams wächst.
- desto mehr Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit wird sie ernten.
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