Die deutsche Sprache zeichnet sich dadurch aus, dass wir gerne komplexe oder spezifische Wörter verwenden. Dabei sind eindeutige Begriffsklärungen die Basis für echtes Verständnis. Besteht bei euch im Team Einigkeit über die Bedeutung von Begriffen wie Taktik, Strategie, Mission oder Vision?
Deutsche Komponisten
Wenn wir betrachten, worin sich die deutsche Sprache von anderen Sprachen unterscheidet, dann ist – neben Struktur und Grammatik – unsere Kompositionsfreudigkeit ein wichtiger Aspekt. So bilden wir aus zwei Begriffen gerne Einzelwörter wie Fingerspitzengefühl oder Fernweh, für die es in anderen Sprachen keine direkte Übersetzung, sondern nur eine Erklärung im ganzen Satz gibt. Diese Vielseitigkeit ist bereichernd und anregend, doch bietet gleichzeitig auch Spielraum für Interpretation. Und unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten bergen Gefahren, wenn wir zusammenarbeiten und gemeinsame Ergebnisse erreichen wollen.
Dies wird beispielsweise an Managementbegriffen deutlich; der eine redet von Mission, der nächste meint Strategie, woraufhin der Dritte an Konzepte oder Pläne denkt. In Unternehmen ist die Begriffsklärung wichtig, um Klarheit zu schaffen, als Grundlage für kluge Entscheidungen.
Aktiv für Klarheit sorgen
Wenn wir uns die Mühe machen, Begriffe eindeutig zu klären und nachfragen, wo Präzision fehlt, vermeiden wir aktiv Missverständnisse und steigern das Niveau in der Kommunikation. Insbesondere in Führungskreisen ist dies entscheidend, denn nur wenn alle wissen, wovon sie reden, reduzieren wir Reibungsverluste in Schnittstellen und geben Chancen für die Umsetzung.
In Konsequenz bedeutet dies, dass ich als Führungskraft eine gute Kommunikationsgrundlage lege, indem ich Begriffe vorab (er)kläre und nicht unterstelle, dass jede oder jeder im Team das Gleiche meint. Damit mache ich deutlich, dass mir die Klarheit wichtig ist und gehe in Vorleistung, statt auf mögliche Fragen zu warten; insbesondere vor dem Hintergrund, dass der ein oder andere sich gar nicht traut zu fragen, wenn alle wissend nicken. Denn interessanterweise ist die Bedeutung häufig dem eigenen Sitznachbarn auch nicht klar – nur zugeben tut es keiner. Ärgerlicherweise fällt es uns dann oft schwer, dem Zusammenhang weiter zu folgen, weil unser Gehirn noch an der „Unverständnis-Stelle“ steckt.
Falls ich den Eindruck habe, dass jemand einen Begriff nutzt, der unterschiedliche Interpretationen auslösen kann, hilft es, offen und neugierig nachzufragen. Hierbei ist entscheidend, die Frage nicht wie einen Vorwurf oder ein Vorführen zu nutzen und den anderen oberlehrerhaft zu verbessern, sondern für echte Klärung im Sinne der Eindeutigkeit zu sorgen. Damit betreibe ich aktive Sprachhygiene, die für Klarheit bei allen Beteiligten sorgt – die Basis für einen zielführenden und wertschöpfenden Austausch.
Sprachhygiene als Schlüssel
Als einen Ansatz für mehr Begriffsklarheit verweisen wir gerne auf Mark Poppenborg, Experte für Systemtheorie und Organisationsentwicklung. Er hat folgende Vorschläge gemacht, um gängige Begriffe präzise zu unterscheiden, die im Management gerne und vielfältig interpretiert werden:
Plan
Ein Plan besteht aus aufeinander folgenden und / oder parallel zueinander zu bewältigenden Arbeitsschritten bzw. Aufgaben. Da ein Plan Verhalten in der Zukunft festlegt, kann ein Plan nur funktionieren, wenn die Zukunft bekannt ist.
Beispiel: Der Plan definiert, an welchem Tag, zu welcher Uhrzeit, durch welche Person, welcher Workshop durchgeführt wird und welche technischen Voraussetzungen dazu im Vorfeld eingerichtet werden müssen.
Taktik
Eine Taktik ist ein Handlungsraum, innerhalb dessen Entscheidungen getroffen werden können, ohne fragen zu müssen. Da eine Taktik das Verhalten in der Zukunft nicht festlegt, ist sie nicht darauf angewiesen, die Zukunft zu kennen. Damit eine Taktik entsteht, müssen Grenzen des Handelns mitgeteilt werden, sie bilden den nötigen Rahmen. Dazu dienen Prinzipien, die immer auch beschreiben, was nicht getan wird.
Beispiel: Wir konzentrieren unser Geschäft auf den deutschsprachigen Raum. Oder: Wir sagen alles so, dass unser Gegenüber uns versteht und es in der Praxis umsetzen kann.
Ziel
Ein Ziel ist ein Sollzustand. Es beschreibt also Bedingungen, die in der Zukunft erreicht werden sollen und gibt damit implizit Auskunft über den Unterschied zwischen Ist und Soll. Ziele können vage oder präzise formuliert sein.
Beispiel: Bis Ende des Jahres haben wir unser neues Produkt fertig entwickelt, damit es im Januar 2025 auf den Markt gebracht werden kann.
Strategie
Eine Strategie ist ein Werkzeug des Managements, um ein Ziel zu erreichen. Eine Strategie besteht aus Plänen für den bekannten Teil der Zukunft und Taktiken für den unbekannten Teil der Zukunft. Die Strategie ist in Unternehmen immer auch Ausdruck der unternehmerischen Werte.
Beispiel: Unsere Markenstrategie definiert, welche Leistung wir konkret anbieten, wer unsere Zielgruppe ist, wofür unsere Marke steht und was uns im Kern ausmacht. Die Strategie ist also der „Big Plan“ einer Firma. Was müssen wir täglich tun, um unsere Mission umzusetzen und unsere Vision zu erreichen?
Vision
Eine Vision ist die Sonderform eines Ziels, gehört also zu derselben Begriffskategorie und beschreibt somit einen Sollzustand. Eine Vision ist so ambitioniert formuliert, dass sie wahrscheinlich nie erreicht werden kann. Sie bietet damit eine Orientierungsfunktion für Grundsatzentscheidungen, entfaltet jedoch im Alltag kaum handlungsleitende Funktionen. Die Vision beschreibt also wo/was/wie/für wen wir künftig sein wollen.
Beispiel: Disney’s Vision lautet „To make people happy.“ Die von Oxfam: „Eine gerechte Welt ohne Armut.“ Und die von IKEA: „Einen besseren Alltag für die vielen Menschen schaffen.“
Mission
Eine Mission ist die Sonderform einer Strategie. Sie fasst zusammen, wie gehandelt wird oder welcher Weg gegangen wird, um die Vision zu erreichen. Ähnlich wie die Vision bietet sie eine Orientierungsfunktion für Grundsatzentscheidungen, entfaltet jedoch im Alltag kaum handlungsleitende Funktionen.
Beispiel: Wir erreichen unsere Vision, indem wir biologisch produzierte und fair gehandelte Produkte vertreiben. Unser Unternehmen achtet auf faire Arbeitsbedingungen und unterstützt soziale Projekte.
Purpose
Der Purpose beschreibt den Sinn und Zweck einer Organisation jenseits der reinen Gewinnerzielung und gibt somit Auskunft über die Wirkung, die die Organisation für ihre Umwelt haben will. Ein Purpose kann eine Orientierungs- und eine Identifikationsfunktion erfüllen. In seiner Orientierungsfunktion kann er u.a. als Basis für die Strategie dienen.
Beispiel: Wofür braucht es unser Unternehmen? Die Antwort kann sein: Wir gestalten Prozesse so, dass Nutzer eine funktionierende Arbeitsumgebung erleben.
Wir hoffen, wir konnten mit diesem Beitrag etwas mehr Klarheit bringen. Falls noch etwas unklar ist, freuen wir uns auf eure Nachricht an team@schuellerund.de.