Selbstfürsorge als Weg aus der Burnoutfalle
Viele Menschen verspüren heutzutage das Gefühl der Rastlosigkeit. Wir haben immer vollere Kalender, setzen uns immer größere Ziele und wollen nichts im Leben verpassen. Das führt nur leider sehr oft dazu, dass wir bereits morgens nach dem Aufstehen von einem Social-Media-Kanal zum nächsten springen, unsere E-Mails checken und noch schnell die Nachrichten lesen. Abends ist unser Handy oft das letzte, was wir sehen, bevor wir das Licht ausschalten und einschlafen.
Jede Minute unseres Lebens ist scheinbar sinnvoll und effektiv durchgeplant. Doch ist es wirklich sinnvoll wie eine Industriemaschine jederzeit im perfekten Verhältnis von „Input“ und „Output“ zu laufen?
Um hohe Leistung abrufen zu können, brauchen unser Körper, unser Geist und unsere Seele Erholungsphasen und Möglichkeiten der Regeneration.
Wenn wir sie nicht von vornherein in unseren Alltag einplanen, wird unser Organismus uns auf kurz oder lang „Körper-Signale“ senden, um auf fehlende Regenrationsphasen hinzuweisen. Schalten wir auch dann auf Stumm, kann es im Extremfall zu Burnout, Herzinfarkt oder ähnlichen gesundheitlichen Schäden führen.
Doch womit können wir anfangen, um es gar nicht erst soweit kommen zu lassen? Ein wesentlicher Aspekt, um langfristig die eigene Zufriedenheit, Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu sichern, ist die Selbstfürsorge.
Nur wir selbst können wissen, was wir wirklich brauchen.
Wir alle kommen mit einem guten Maß an Selbstfürsorge auf die Welt. Als Kind schreien wir, wenn uns etwas nicht gefällt. Mit der Zeit lernen wir jedoch, auszuhalten und uns „zusammenzureißen“. Ähnlich dem Motto „Was auf den Tisch kommt, wird gegessen“ unterdrücken wir negative Gefühle und fügen uns den allgemeinen Erwartungen. Dabei vergessen wir oft, dass wir als erwachsene Menschen selbst für uns sorgen müssen. Denn nur wir selbst wissen, was wir wirklich brauchen und nur wir selbst sind in der Lage, für die Befriedigung unserer Bedürfnisse zu sorgen.
Die 7 nachfolgenden Fragen zeigen auf, wie der Weg zur Selbstfürsorge gelingen kann.
- Frage: Erlaube ich mir, für mich selbst zu sorgen?
Viele von uns haben gelernt, sich erst um andere zu kümmern, bevor sie auf sich selbst achten. Denn wir haben früh gelernt nicht egoistisch zu sein. Das führt jedoch dazu, dass wir letztendlich den anderen auch nicht viel Kraft und Motivation geben können, weil wir uns um eigene Bedürfnisse vorher nicht gekümmert haben. Gleichzeitig steigt unsere Unzufriedenheit darüber, wenn unsere Mitmenschen nicht mit gleicher Einstellung Rücksicht auf unsere Bedürfnisse nehmen.
Es hilft bei solchen Denkfallen an den Sicherheitshinweis aus dem Flugzeug zu denken: „Setzen Sie erst sich selbst und dann erst ihren Mitreisenden die Sauerstoffmaske auf!“ Denn nur wenn wir selbst atmen können, können wir auch anderen helfen.
- Frage: Stille ich bereits meine Grundbedürfnisse?
Grundbedürfnisse wie Schlaf, Nahrung und Bewegung sind die Basis für eine gesunde Selbstfürsorge. Hierbei ist es hilfreich, die eigenen automatisierten Muster genau unter die Lupe zu nehmen. Bekommen wir genug Schlaf, um tagsüber voller Energie unsere Aufgaben anzugehen? Gibt uns die Nahrung, die wir zu uns nehmen, Kraft? Waren wir heute körperlich aktiv?
Dabei geht es bei den Grundbedürfnissen nicht darum, asketisch zu leben, sondern viel mehr in sich hineinzuhören, um mögliche Defizite zu erspüren. In der Praxis zeigt sich, dass bereits kleine Änderungen unserer Gewohnheiten, wie z.B. eine Stunde früher schlafen zugehen, abends etwas Leichtes essen oder mehr Bewegung, das Wohlbefinden steigern und Stress abbauen.
- Frage: Was tut mir gut?
Was uns leicht fällt und Spaß macht, gibt uns Kraft. Andere Aufgaben wiederum ermüden uns und sind kräftezehrend. Das kann daran liegen, dass wir etwas machen müssen, das nicht zu unseren Stärken gehört. Auch wenn wir den Sinn hinter unserer Tätigkeit nicht erkennen, fühlt es sich zäh an, sie auszuführen. Unser ganzer Körper muss sich in solchen Momenten anstrengen und deutlich mehr Energie aufwenden als würden wir mit angezogener Handbremse Vollgas geben.
Daher ist es sinnvoll, sich zu fragen was uns besonders leicht fällt, was uns Freude bereitet, wobei wir neue Energie tanken? Auch die Beschäftigung mit den eigenen Stärken und dem Sinn der Aufgabe bietet Aufschluss darüber, an welcher Stelle die „angezogene Handbremse“ sitzt. Gehen wir beispielsweise Joggen nur weil wir Angst haben zuzunehmen, bremst uns diese Angst aus und erzeugt Stress. Wenn wir dagegen mit Freude und Leichtigkeit beim Schwimmen oder Radfahren sind, tun wir mehr für unsere Gesundheit, als unter eigenem Druck zu Joggen, obwohl wir es nicht wollen.
- Frage: Welche meiner Bedürfnisse werden nicht erfüllt?
Das finden wir am ehesten dann heraus, wenn wir andere Menschen als eine Art Spiegel nutzen. Wenn ich denke: „Mein Mann / meine Frau müsste, meine Kinder sollten, mein Chef / mein Kollege könnte doch…“ besteht möglicherweise genau in diesem Bereich ein Mangel an Selbstfürsorge. Welches Bedürfnis will ich vom jeweiligen Ansprechpartner erfüllt haben? Verständnis? Aufmerksamkeit? Bringe ich mir selbst genug Verständnis und Aufmerksamkeit entgegen? Wenn nicht, ist dies der erste Schritt. Der wertschätzende Umgang mit sich selbst macht unabhängig. Dadurch können wir unsere Gefühlslage selbst beeinflussen.
Zu klagen und sich zu „beschweren“ ist mühsam und macht unzufrieden. Wie das Wort schon sagt: Es macht das Leben schwer.
- Frage: Wie zufrieden bin ich aktuell?
Eine einfache Methode um die eigene Zufriedenheit in den einzelnen Lebensbereichen besser beurteilen zu können, ist die Einschätzung auf einer Skala von 1 (unzufrieden) – 10 (zufrieden). Wenn die 10 noch nicht erreicht ist, gilt es eine Entscheidung zu treffen nach dem Stay-Change-Exit-Prinzip, d.h. bleiben, ändern oder die Situation verlassen.
Die wenigsten von uns werden auf der 10 sein. In diesen Fällen ergeben sich folgende Fragen: Was fehlt mir konkret? Was kann ich für mich tun, um mehr Zufriedenheit zu erreichen? Wir kennen uns selbst sehr gut und wissen meist bereits, was uns helfen würde.
- Frage: Gehe ich achtsam durch den Tag?
Kostet es mich Überwindung, morgens aufzustehen? Meide ich an manchen Tagen den Blick in den Spiegel? Vergeht der Tag wie im Flug?
Achtsam im Alltag zu sein, bedeutet mit meiner Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt zu sein und bewusst eine Einstellung zu meinen Aufgaben sowie zu meinem Umfeld zu wählen. Rituale können uns dabei helfen, den Fokus auf für uns wichtige Aufgaben zu lenken. Zum Beispiel indem wir die erste Stunde am Tag auf Ablenkungen durch Handy, Fernseher oder Radio verzichten und stattdessen den Moment bei der ersten Tasse Kaffee oder Tee alleine oder mit unserer Familie genießen. Kurze Achtsamkeitsübungen wie mit geschlossenen Augen sich einen Augenblick auf die Atmung zu konzentrieren, kann uns auch während des Tages helfen, den Fokus wieder auf das Wichtige zurückzulenken.
- Frage: Wie achtsam bin ich im Umgang mit anderen?
Vom Ich zum Du zum Wir. Wir ziehen an, was wir ausstrahlen. Sind wir in einer positiven Grundstimmung wirkt das ansteckend auf andere. Dann begegnen uns Menschen ebenfalls mit einer positiven Grundstimmung. Kümmere ich mich um mich selbst und um meine Bedürfnisse, strahle ich Zufriedenheit aus und bin damit Vorbild für meine Kollegen und Freunde. Wenn ich dagegen meine Bedürfnisse nicht ernst nehme und meinen Ärger nicht mit der Person kläre, bei der er entsteht, übertrage ich meine negative Stimmung und Grundhaltung auf meine Mitmenschen, denen ich begegne.
Darüber hinaus können wir das achtsame Miteinander auch aktiv fördern, indem wir uns bewusst Zeit für den Kontakt mit anderen Menschen nehmen. Das kann ein ehrlich gemeintes Dankeschön sein, wenn uns jemand an der Kasse vorlässt, ein intensiver Blickkontakt bei der Begrüßung des Partners oder die Zeit, die wir uns nehmen für einen Small-Talk mit den Kollegen. Entscheidend ist dabei immer die innere Grundhaltung ein ehrliches Interesse an meinen Mitmenschen zu haben. Denn wir selbst spüren auch sehr schnell, ob jemand ein ehrliches Interesse an uns als Mensch hat.