Wann ist oder war Führung nötig?
Hier ein typisches Szenario in Teams: die anstehenden Aufgaben werden gemeinsam verteilt, To-do’s verabschiedet – los geht es! Wie häufig bei Gruppenarbeiten, treten an manchen Stellen Unstimmigkeiten und Probleme auf, die angegangen und überwunden werden müssen. Kommen zum Beispiel kritische Aussagen und provokantes Gehabe immer von demselben Teammitglied, das sich gegen die Gruppenansicht stellt, neigen wir dazu, von der Führungskraft Klärung zu erwarten. Kurzfristig zeigt dieses Eingreifen Erfolg und wir kommen in unserer Arbeit wieder voran – bis zu der nächsten Unstimmigkeit. Beobachten wir die Wirkung von Führung, wird uns bewusst, dass der vermeintliche Störfaktor Kollege/Kollegin nur ein Symptom war, das behandelt wurde, aber nicht unbedingt die Ursache für die ineffektive Arbeit ist. Die eigentliche Ursache liegt tiefer – und zwar im komplexen Geflecht verschiedener Komponenten wie beispielsweise der Interaktion untereinander oder den Aufgaben und Zuständigkeiten an sich, die in die Teamarbeit einfließen. Kann der Knackpunkt ohne Führung wirklich erkannt werden?
Selbstorganisation im Team
In einem selbstorganisierten Team ergibt sich Führung, in systemtheoretischer Sprache, von Innen heraus. Heißt, indem das Team ein gemeinsames Problembewusstsein für die Umsetzung der Aufgabe erreicht hat, findet die Aufgabenverteilung selbstorganisiert, also von Innen heraus statt. Denn prinzipiell verfügen alle Teammitglieder über Fähigkeiten und Kenntnisse, die zu einem guten, schnellen und erfolgreichen Ergebnis der Gruppenaufgabe führen müssten. Wichtig ist dabei, dass die individuellen Kompetenzen auch ihren sinnvollen Einsatz finden.
Welche Typen gibt es?
Jedes Teammitglied erkennt durch das Problembewusstsein – zum Beispiel „Wir haben einen wiederkehrenden Fehler im Ablauf““ – seine Funktion und Aufgabe. Das Team entwickelt eigene Strukturen. Das bedeutet, dass sich die Gruppe von Innen heraus selbstorganisiert und dabei jedes Teammitglied eine bestimmte Rolle einnimmt; je nach persönlichen Stärken und Schwächen.
Diese Rollen lassen sich folgendermaßen beschreiben:
– Pioniere, bringen das Team durch Ideenreichtum und eine extrovertierte Art nach vorne. Sie geben immer wieder neue Impulse und stecken mit ihrer Art alle Teammitglieder an. Überwiegend handeln Pioniere aus dem Bauchgefühl heraus und scheuen sich nicht davor, Risiken einzugehen. Mit Unterstützung des Teams können Pioniere sich noch tiefer mit den Themen beschäftigen und versuchen, alle Teammitglieder mitzunehmen.
– Wächter, sorgen dafür, dass Prozesse richtig ablaufen. Sie schätzen Werte wie Stabilität, Ordnung und Präzision und handeln wenig risikofreudig. Gerne durchdenken sie die Ideen tiefgehend und achtet auf alle relevanten Details. Sie denken und handeln tiefgehend und umsichtig. Das Team kann dabei unterstützten, dass Wächter sich nicht im Detaildschungel verlieren, sondern ihre analytische Art effizient einsetzten.
– Integratoren, motivieren die Teammitglieder dazu, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Sie handeln diplomatisch und sensibel. Die Zwischenmenschlichkeit hat eine große Bedeutung, so dass sie für einen starken Teamzusammenhalt sorgen und jeder Einzelne Verantwortung für die Gruppe übernimmt. In Diskussionen erzielen sie am liebsten einen Konsens, was ihnen durch diplomatisches Handeln und Traditionsbewusstsein auch oft gelingt. Das Team kann Integratoren dabei unterstützten, sich mit ihrer Meinung zu positionieren und dadurch Standing zu entwickeln.
– Macher, setzen alles daran, Ziele umzusetzen. Sie möchten Einfluss ausüben und scheuen sich nicht davor, neue Herausforderungen durch logisches Denken und das Hinzuziehen von Zahlen, Daten und Fakten direkt anzugehen. Das Ziel ist es, Resultate zu erreichen und zu gewinnen. Das Team kann Macher dabei unterstützten, nicht nur im Tatendrang zu handeln, sondern auch Verantwortung für das ganze Team zu übernehmen, indem sie deren Perspektive einbeziehen.
Bei diesen Team-Typen handelt es sich um Ausprägungen unserer Persönlichkeit, die unser Denken und Handeln in unterschiedlichen Situationen maßgeblich beeinflussen. Welche Rolle jedes Teammitglied in der Gruppe übernimmt, entwickelt sich, abhängig vom Persönlichkeitstypen, also von Innen heraus.
Wie führt sich die Gruppe?
Generell brauchen wir die Fähigkeit, das jeweilige obere Ziel – unseren Auftrag – im Auge zu behalten und von Innen heraus zu arbeiten. Jedes Teammitglied kann seinen Führungspart übernehmen, der sich aus der jeweiligen Rolle ergibt. Die Rolle entsteht durch die individuellen Stärken und Fähigkeiten des einzelnen Teammitglieds. Wenn wir uns unseren eigenen Stärken und denen der anderen Teammitglieder bewusst sind und diese in der Zusammenarbeit nutzen, steigern wir den Output für das Unternehmen als Ganzes – und das ist der Auftrag jeder Teamarbeit. Um effektiv und im Unternehmenssinn zu arbeiten, ist deshalb keine speziell ernannte Führungskraft nötig.
Führung hat also dort ausgedient, wo der Einzelne sich traut, seine Verantwortung voll und ganz zu übernehmen – in guten wie in schlechten Zeiten. In letzter Konsequenz bedeutet das auch, dass bei Engpässen, Widrigkeiten und Stolpersteinen nicht die Führungskraft „schuld ist“, sondern jeder im Team seinen Anteil hat und damit auch Einfluss auf die Lösung hat. Wenn das gelingt, führt die Gruppe sich selbst.