Erwartung prägt die Souveränität
Jeder kennt diese Kollegen, die scheinbar jedes Verkaufsgespräch mit Leichtigkeit meistern und sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen. Egal, ob es sich um eine scheinbar nie endende Beratung oder um das Anbieten eines hochpreisigen Artikels handelt, bei dem wir darauf gewettet hätten, dass der Kunde sich den sowieso nicht leisten kann. Dieser Kollege scheint zu jedem Zeitpunkt genau zu wissen, was er tun muss. Doch wie macht er das? Warum ist er so sicher, dass er das Richtige tut?
Die Antwort liegt in seiner persönlichen Kompetenzüberzeugung: Es ist das Vertrauen des Verkäufers in die eigenen Fähigkeiten, die in ihm die Erwartung hervorrufen, dass auch das nächste Verkaufsgespräch erfolgreich verlaufen wird.
Wie Prognosen entstehen
Kompetenzüberzeugung entsteht im Zusammenspiel von Körper und Geist. Zu dem was wir erleben, liefert unser Unterbewusstsein eine Assoziation, indem es die aktuelle Situation mit Vorerfahrungen abgleicht. Diese sind weder rational noch logisch, dennoch liefern sie eine aussagekräftige Prognose zu unserer Reaktion auf die bevorstehende Situation. Das kennen wir als Bauchgefühl. Dann hören wir unsere innere Stimme: entweder mit negativen Vorhersagen, wie z.B. „Oje, diese Situation kenne ich, dieser Kunde will nichts kaufen, der schaut nur. Du brauchst ihn gar nicht anzusprechen.“ oder mit positiven Aussagen, wie z.B. „Diese Situation kenne ich, das habe ich schon mal geschafft. Das werde ich auch dieses Mal wieder schaffen.“.
Auch diese Situation wird, nachdem wir sie erlebt haben, im Unterbewusstsein als Vorerfahrung abgespeichert und liegt auf „Wiedervorlage“, bis eine ähnliche Situation auftaucht. Die Art und Weise, wie wir Situationen meistern, beeinflusst die zukünftige Prognose in eine negative oder positive Richtung. Die vorher getätigte Prognose wird mit jeder neuen Erfahrung aktualisiert. Wenn wir eine Aufgabe erfolgreich lösen, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass wir gleichgeartete Aufgaben in der Zukunft genauso meistern werden.
Auf der biochemischen Ebene sorgt der Neurotransmitter Dopamin im Gehirn dafür, dass die neue Einschätzung der Situation aktualisiert wird. Das spüren wir in Form von Glücksgefühlen, nachdem wir eine herausfordernde Aufgabe gemeistert haben. Wenn die Prognose des Unterbewusstseins übertroffen wird, schüttet unser Körper beim nächsten Mal mehr Dopamin aus, was wir in Form von Vorfreude wahrnehmen. Meistern wir eine Situation dagegen schlechter als erwartet, wird die Dopaminausschüttung beim nächsten Mal reduziert.
Wer sich traut, wird belohnt
Im Verkauf fällt es beispielsweise deshalb schwer, dem Kunden einen hochpreisigen Artikel anzubieten, weil ein Glaubenssatz wie „Er wird ihn eh nicht kaufen. Er kann ihn sich bestimmt nicht leisten.“ eine negative Prognose und somit nicht erfolgsversprechend ist. Wenn wir jedoch trotz dieser Prognose den Versuch machen und das Gespräch verläuft positiv, fühlen wir uns beflügelt. Das Glücksgefühl – in Form von Dopamin – korrigiert in diesem Moment die Prognose. Beim nächsten Kunden fällt es uns schon viel leichter, einen hochpreisigen Artikel anzubieten, weil wir sicher sind, dass wir Kunden für Produkte begeistern können.
Profis hören nicht auf mit dem Training
Es ist wichtig, dass wir schwierige Situationen in unserem Fachgebiet immer wieder trainieren. Wissenschaftler sind davon überzeugt, dass das wiederholte, erfolgreiche Meistern von schwierigen Situationen im eigenen Fachgebiet einen Experten auszeichnet. Das gilt für Verkäufer, genauso wie für Sportler oder Flugpiloten, die immer wieder Ausnahmesituationen im Flugsimulator trainieren.
Um die Kompetenzüberzeugung nun bewusst zu trainieren, können wir uns der Trainingsmethoden aus dem Sport bedienen. Im Basketball-Training wird der Dreier-Wurf (Drei-Punkte-Wurf aus der Entfernung hinter der Drei-Punkt-Linie) 100-mal hintereinander ausgeführt und die Quote erfolgreicher Würfe mit dem persönlichen Ziel abgeglichen. Denn jeder Spieler hat einen persönlichen Wert, den er erreichen muss, um sich bei einem Dreier-Wurf sicher zu fühlen. Je näher er an diesen persönlichen Wert herankommt, desto sicherer wird die Prognose seines Unterbewusstseins. Damit steigt auch die Kompetenzüberzeugung in der Wettkampfsituation, den Dreier-Wurf erfolgreich zu meistern. Gleichzeitig steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Spieler in der entsprechenden Situation den Ball intuitiv nach dem erlernten Bewegungsablauf wirft, ohne dabei rational zu überlegen, was er jetzt tun soll. Auf dem Weg zur persönlichen Quote analysieren Spieler und Trainer immer wieder die Gründe für misslungene Würfe und entwickeln Maßnahmen, die im Training gezielt geübt werden.
Ähnlich wie im Basketball, können wir im Verkauf bestimmte Verhaltensweisen oder Aussagen im Gespräch mit dem Kunden üben und diese im Anschluss reflektieren. Denn mit jedem Gespräch, das wir führen, bauen wir das Vertrauen in unsere Fähigkeiten aus. Weitere Möglichkeiten zur Steigerung der Kompetenzüberzeugung sind:
Stellvertretende Erfahrung
Bei der stellvertretenden Erfahrung stärken wir unsere Kompetenzüberzeugung, indem wir eine andere Person beim erfolgreichen Lösen einer Aufgabe beobachten. Das kann eine Kollegin auf der Verkaufsfläche sein, die gerade bedarfsgerecht, empathisch und souverän ein hochpreisiges Produkt anbietet und es verkauft. Das Beobachten der eigenen Person, wie etwa in einem Video sowie das Visualisieren erfolgreicher Verkaufsgespräche hat eine vergleichbare Wirkung.
Bestärkende Botschaften
Durch das verbale Wiederholen von bestärkenden Sätzen kann die Kompetenzüberzeugung positiv beeinflusst werden. Diese können sowohl von außen, also der Führungskraft oder Verkaufstrainerin, kommen, z.B. „Mit Ihrem Charme schaffen Sie es, jeden Kunden zu begeistern.“ oder auch in Selbstgesprächen wiederholt werden, z.B. „Ich bin kompetent und kundenorientiert. Ich werde den Kunden begeistern.“.
Auf jede Situation vorbereitet sein
Dazu ist es wichtig, sich die Situationen bewusst zu machen, in denen wir unsere gewohnte Topleistung nicht abrufen konnten oder daran gezweifelt haben, mit diesem Kunden ein positives und erfolgreiches Verkaufsgespräch führen zu können.
Woran merken wir das? Unser Körper ist der beste Indikator dafür. Wenn wir uns an ein missglücktes Gespräch zurückerinnern und dabei unangenehme Gefühle in uns aufsteigen, zeigt unser Körper an, dass hier etwas nicht stimmt. Durch die genaue Betrachtung der Situation und ihrer Rahmenbedingungen wird sichtbar, worauf sich unser Unterbewusstsein bei seiner negativen Prognose gestützt hat. Anschließend überlegen wir, wie wir zukünftig in vergleichbaren Situationen handeln wollen. Es geht um die Umsetzung der neuen Verhaltensweisen.
Wie im Sport heißt es hierbei: Übung macht den Meister. Indem wir uns z.B. jeden Tag vornehmen, eine dieser neuen Reaktionen umzusetzen, lenken wir unsere Aufmerksamkeit auf Situationen, die das neue Verhalten abrufen werden. Bei den ersten Versuchen wird unser Unterbewusstsein vielleicht noch eine negative Prognose melden. Doch nur wenn wir trotz dieser Prognose etwas ausprobieren, wird das körpereigene Belohnungssystem uns mit Glücksgefühlen überfluten und die Prognose korrigieren.
Gerne unterstützen wir von Schüller& beim Lernen!